Abfall im Gleichgewicht zwischen Planet und Profit
Vor allem in großen Städten wie Amsterdam und Utrecht gehören sie zum Straßenbild: die blau-weißen Lkw von Renewi (abgeleitet vom englischen „renew“). Sie sammeln Abfall ein, vor allem bei Unternehmen. Der größte Teil dieser Abfälle wird zu neuen Rohstoffen oder Produkten recycelt. Ein Gespräch über die Herausforderungen des Abfallrecyclings.
Die Wiederverwendung ausgedienter Dinge ist ein Prinzip, das so alt ist wie die Menschheit selbst. So ging früher der Lumpensammler von Tür zu Tür, um gebrauchte Kleidung abzuholen. „Unser Recycling von heute unterscheidet sich hinsichtlich des Betriebsprozesses kaum davon, aber der Gedanke dahinter hat sich natürlich schon verändert“, erklärt Jorrian Dorlandt, Kommunikationsmanager bei Renewi.
„Früher wollte man seinen Abfall einfach nur loswerden, während wir heute viel bewusster damit umgehen. So ist es selbstverständlich, seinen Abfall zu trennen.“ Mit dem Recycling befassen wir uns schon seit vielen Jahren, aber in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Entwicklung wirklich beschleunigt, wie Dorlandt erklärt. „Das liegt an zwei Entwicklungen, die einander verstärken: Nachhaltigkeit und Rohstoffverknappung. Plastik wird beispielsweise aus Erdöl hergestellt, und die Erdölvorräte werden irgendwann erschöpft sein. Also sucht man entweder nach einem alternativen Herstellungsverfahren für Plastik, oder man wandelt all die Kunststoffe, die heute auf der Welt im Umlauf sind, wieder in Öl um, aus dem man dann erneut Plastik herstellen kann. Das ist das Prinzip der Kreislaufwirtschaft.“
Renewi ist als internationales Unternehmen in neun Ländern aktiv; die Kernmärkte sind jedoch die Niederlande und Belgien. Das Unternehmen entstand 2017 aus einer Fusion zwischen dem britischen Shanks und der niederländischen Van Gansewinkel Groep. Renewi bezeichnet sich selbst als Waste-to-Product-Unternehmen. „Wir sammeln Abfall und verarbeiten ihn zu neuen Rohstoffen“, berichtet Dorlandt. Teilweise werden daraus wieder neue Produkte hergestellt, und teilweise liefern wir die Rohstoffe an andere Unternehmen, die sie wieder zu neuen Produkten verarbeiten.
12,6 Millionen Tonnen recyclingfähige Abfälle
Jährlich sammeln die Fahrzeuge von Renewi 14 Millionen Tonnen Abfall ein. Davon werden 67 Prozent in neue Rohstoffe und 23 Prozent in Energie umgewandelt. Insgesamt werden also 90 Prozent des gesammelten Abfalls recycelt.
Die Abfälle stammen von allen möglichen Gewerbebetrieben, vom Metzger an der Ecke ebenso wie von großen Multinationals. „Wir sind der größte landesweit tätige Dienstleister auf dem Gebiet der Abfallwirtschaft“, berichtet Dorlandt. Er zählt auf: „Aus alten Paletten machen wir Holzspäne für Spanplatten, Glas verarbeiten wir zu Splittern, aus denen neues Glas entsteht, und das Altplastik wird nach einer Vorbehandlung an die Kunststoffindustrie geliefert.“
Insgesamt beschäftigt Renewi 8000 Mitarbeiter, davon 4300 in den Niederlanden. Manche von ihnen befassen sich mit der Entwicklung von Innovationen. Auch arbeitet man mit anderen Unternehmen zusammen, beispielsweise mit Start-ups.
Orangenschalen
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit mit PeelPioneers, einem kleinen Unternehmen, das die Schalen von Zitrusfrüchten verarbeitet. „Wenn Sie sich beispielsweise im Supermarkt eine Flasche frischen Orangensaft pressen, sammeln wir die Schalen ein“, erklärt Dorlandt. „Diese Schalen liefern wir dann zu einer Anlage von PeelPioneers an einem unserer Standorte. Dort werden daraus ätherische Öle gewonnen, die dann als Aromastoff für Lebensmittel oder als Duftstoff für Putzmittel dienen.“
„Wir verfügen über die notwendige Maßstabsgröße, der Zitrusschalenverarbeiter über die Logistik. So können wir diese Art von Innovationen unterstützen“, berichtet Dorlandt.
Renewi kann also 90 Prozent der gesammelten Abfälle zu einem zweiten oder dritten Leben verhelfen. Und was passiert mit den restlichen 10 Prozent? „Das sind Abfälle, die nicht recycelt, sondern verbrannt oder auf einer Deponie abgelagert werden“, so Dorlandt. „Ganz einfach deswegen, weil es noch keine andere Lösung dafür gibt. Das ist noch eine große Herausforderung.“
Abfälle von heute, Rohstoffe von morgen
Für diese Herausforderung sucht man auch im Unternehmen selbst nach Lösungen. Unter anderem, indem man die Kunden über ihre Produkte berät. „Wir denken mit ihnen über die Vermarktung ihrer Produkte nach“, berichtet Dorlandt. „Was passiert, wenn ein Produkt ausgedient hat, kann es dann noch nutzbringend verwertet werden? Oft werden beispielsweise Kunststoffe zu Verbundstoffen kombiniert, was das Recycling sehr erschwert. Wir erklären dann, dass wir das Produkt bei einer anderen Zusammensetzung des Kunststoffs besser recyceln könnten.“
Übrigens fragen die Kunden, wie Dorlandt berichtet, auch immer häufiger selbst, wie sie die Recyclingfähigkeit ihrer Produkte verbessern können. „Trioworld selbst befasst sich auf dem Gebiet der Kunststoffe natürlich auch selbst damit, beispielsweise indem es Produkte aus einem einzigen Material oder aus biologisch abbaubaren Werkstoffen herstellt.“
Darüber hinaus berät Renewi seine Kunden auch über ihre Abfälle. „Wir wollen, dass sie ihren eigenen Abfall schon an der Quelle gut trennen, damit er besser recycelt werden kann. Sonst entstehen Mischfraktionen, mit denen wir zwar auch etwas anfangen können; das Recycling kostet dann aber mehr Energie und Geld.“
Trotz der Herausforderungen, die es noch zu bewältigen gilt, sieht Dorlandt der Zukunft optimistisch entgegen. „Bis wir 100 % Recycling schaffen, gibt es noch eine Menge zu tun. Die Zahl derjenigen, die sich über das End-of-Life Gedanken machen, wächst aber stetig an. Auch Organisationen, Behörden und Bürger entwickeln immer mehr Initiativen, die einen Beitrag leisten. Aber wir müssen nun einmal von der existierenden Situation ausgehen, und Produktionsprozesse lassen sich nicht von heute auf morgen verändern. Wir haben also noch einiges vor uns!“
Letztlich geht es seiner Meinung nach darum, zügig ein neues Gleichgewicht zwischen People, Planet und Profit zu realisieren. „Am besten wäre es, wenn wir unseren Abfall von heute künftig als Chance betrachten, die Rohstoffe für morgen bereitzustellen.“